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Street View: Ein kleiner Rückblick

Es gab Jubelschreie, Proteste und vereinzelnd hat man den Kartendienst aus dem Hause Google einfach zur Kenntnis genommen. Erstmals vorgestellt wurde der Dienst im Juni 2007, damals war er ausschließlich in den USA nutzbar. Jetzt steht er seit einiger Zeit auch in Deutschland zur Verfügung. Bis er in Deutschland startete, wurden so einige Datenschützer auf den Plan gerufen: Unsere Chronik zeigt es.

Was 2007 seinen Anfang fand, erfreut sich heutzutage großer Beliebtheit. Wobei in den USA der Anteil der Nutzer bei weitem größer ist, als der in Deutschland oder dem gesamten Europa. Zu Anfang waren nur ausgesuchte Ansichten verfügbar. Nach der Testphase wurde er dementsprechend international aufgestellt – dabei wurde aber von Google der Datenschutz an den Landesgesetzen nicht angepasst. Ein Fehler, wie sich später herausstellen sollte. Doch was ist Street View eigentlich? Mit dem Dienst erkundet der Nutzer in Google Maps Orte auf der ganzen Welt in der 360-Grad-Perspektive und auf Straßenebene. Dabei wurden die Straßenzüge mit den so genannten Google-Fahrzeugen abgefahren und fotografiert. In der Praxis: Am Rechner selbst kann man diese Straßen mitsamt den Häusern dann einfach per Mausklick abfahren. Eine detailliertere Ansicht also zu Google-Maps. Letzteres bietet eine zoomfähige Weltkarte an. Über die Zoomfunktion plant der Nutzer nicht nur Routen, sondern kann sich sogar in den Straßenzügen orientierten. Diese Orientierung und Einsicht in die Straßenzüge wird zusammen mit Street View, der Fußgänger-Perspektive, sehr lebendig.

Wie bereits erwähnt erfasste der Dienst ab 2008 weite Teile der USA und zeitgleich folgten unter anderem Teile Frankreichs, Japans, Italiens, Spaniens, Neuseelands und Australiens. In Deutschland wurde ebenfalls seit 2008 geplant. Google selbst wollte sogar im selben Jahr noch mit dem Abfahren der Strecken beginnen. Das klappte zwar, das Unterfangen war allerdings mit Proteststürmen seitens der Datenschützer und Bürger behaftet. Wie scharf der Protest zu dieser Zeit war, zeigt die am 17. August 2010 eigens für die Bürger online gestellte Street-View-Einspruch-Seite. Google ließ zwar weiter die Straßen fotografieren, musste aber in Deutschland die Möglichkeit schaffen, vor der eigentlichen Veröffentlichung des Hauses eine Unkenntlichmachung beantragen zu lassen. Zwei Monate hatten die Bewohner der abfotografierten und nicht abfotografierten Städte Zeit, ein Veto einzureichen.

Kurzer Ruhm für das "gallische" Dorf Molfsee

Aber warum dieses Veto? Was war der Grund für die Datenschützer, Protest anzumelden? Nun ja, das deutsche Recht sieht vor, dass Fotos von öffentlichen Straßen und Wegen "fast" ohne Einschränkungen getätigt werden dürfen. Nimmt ein Fotograf allerdings Hilfsmittel zu Hilfe, beispielsweise um über einen Zaun hinweg zu fotografieren, verstößt er auf das Recht des eigenen Bildes, zudem wird die Privatsphäre beschnitten. Bei dem Spezialfahrzeug ist die auf dem Dach angebrachte Kamera etwa 2,90 Meter hoch. Diese Höhe würde, so die Datenschützer, jeder natürlichen Größe eines Menschen übertreffen und somit künstlich wirken. Google erkannte die Problematik und versucht seit dem mit den Datenschützern zusammen zu arbeiten.

Bereits zu Anfang erweiterte Google das Angebot und verschaffte einem Dorf zu kurzem Ruhm. So konnten bereits nach kurzer Zeit (Betaphase) Nutzer zu den Straßen und Gebäuden Videos per YouTube hinzufügen. Mit einem Klick auf die Örtlichkeit werden so Bild-, Text- oder Videoinformationen geöffnet. Diese Möglichkeit brachte dem Ort Molfsee, bei Kiel, im September 2008 viel Publicity ein. Hier wehrte sich ein Politiker zusammen mit den Einwohnern gegen das Abfotografieren der Straßen und Häuser und vielleicht damit auch gegen den gläsernen Bürger.

Dennoch, Google sah diesem Treiben sehr entspannt zu. "Ich nenne Ihnen mal ein paar Städte, die wir in Street View aufgenommen haben und noch aufnehmen werden. Frankfurt, Berlin, Köln, Hamburg, Hannover", erzählt Stefan Keuchel, Pressesprecher von Google Deutschland. Nach einer kurzen Pause fügt er lächelnd den 4.000 Seelenort Molfsee hinzu und fragt: "Fällt Ihnen was auf?" Und tatsächlich scheint der Aufstand des neuen gallischen Dorfes ein gut geplanter Werbegag gewesen zu sein. So standen zum besagten Zeitpunkt in Molfsee Wahlen vor der Tür und der amtierende CDU-Fraktionschef Reinhold Harwart brachte das kleine Örtchen mit seiner Kampagne sogar in die Tageszeitung.

Datenschutz geht vor Google

Trotz Witzigkeit blieb zu diesem Zeitpunkt bereits einigen Datenschützern nur Kopfschütteln übrig. "Mit der Veröffentlichung der Aufnahmen entsteht eine riesige Sammlung vielfach personenbezogener Daten, die weltweit zugänglich ist, also eine Art weltweite Auskunftsdatei, auf der jedermann ohne Einschränkung zugreifen kann", warnte Bundesdatenschutzbeauftragter Peter Schaar zu diesem Zeitpunkt. "Auch wenn derartige Datenverwendung bereits heute nicht zulässig ist", fügt Schaar noch hinzu, "brauchen wir neue Regeln für Geodaten, insbesondere wenn sie im Internet veröffentlicht werden."

Weitere Informationen

Website news.immonet.de

Auch in der Immobilienwelt stand man dem Treiben kritisch gegenüber, sah aber auch eine Chance in Street View. Denn gerade für die führenden Immobilienportale wie etwa Immonet war schon zu Anfang klar, dass eine Integration des Internet-Dienstes in Angeboten von Immobilien sinnvoll sein würde. "Wenn alle Fragen zum Datenschutz geklärt sind und sich breite Akzeptanz für Street View abzeichnet, werden wir diese oder vergleichbare Technik einsetzen", erklärt Axel Konjack 2010. Der Geschäftsführer von Immonet.de wusste anscheinend, dass der Dienst bereits in den Startlöchern stand.

Kritik angenommen, Street View startet

Google nahm sich der Kritik an und ließ die Unkenntlichmachung der Häuser sowie der abfotografierten Personen von Experten des TÜV Rheinland prüfen. Mit Erfolg. Nachdem diese den Prozess und eine repräsentative Stichprobe von Anträgen untersuchten, bekam Google das TÜV-Rheinland-Gütesiegel. Dennoch wurden daraufhin immer wieder Personen erkennbar im Dienst gesichtet. Sei es drum – bisher war der Dienst in Deutschland noch nicht gestartet. Google sorgte sich, in eine juristische Falle zu treten und versuchte alle Stolpersteine an den Wegesrand zu schieben. Und obwohl keinerlei Bilder aus Deutschland online standen, griffen immerhin schon über eine Millionen Menschen aus Deutschland heraus auf den Dienst zu.

Am 2. November 2010 war es dann endlich soweit. Street View wurde zum ersten Mal in Deutschland online gestellt – alle fotografierten Straßenzüge standen nun jedermann zur Verfügung. Doch alles war bis dato noch nicht zu bestaunen. Erst zwei Wochen später wurden die 20 nach Einwohnerzahl größten Städte online gestellt. Dabei waren natürlich Berlin, Bielefeld, Bochum, Bonn, Bremen, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart und Wuppertal.

Und jetzt? Laut des Google-Blogs wurden fast 245.000 Anträge erfasst. Jeder einzelne beinhaltete eine Unkenntlichmachung von Häusern. Dieser Schritt ist nicht mehr rückgängig zu machen, da Google sich verpflichtete, sämtliche Rohdaten zu löschen. Was ein wenig überraschte, war dann im April eine Aussage der Chefetage Googles: Es gäbe demnach keine Pläne mehr, den in Deutschland durch Street View abgedeckten Bereich auszuweiten. Auch eine Aktualisierung der existierenden Aufnahmen sei nicht geplant. In anderen Ländern werden Aktualisierungen vorgenommen. Nach einer nicht repräsentativen Umfrage nutzen viele Anwender Google Maps regelmäßig, Street View wird nur nebenbei und unregelmäßig hinzugeschaltet.